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Weitere Gedanken zu Ach
Nachdem also festgestellt ist, dass die Zugehörigkeit einer biologischen Gattung keine Bedingung für einen moralischen Status sein kann, greift Ach die interessenorientierte Moral-konzeption auf und spricht sich für die individuelle Beurteilung einzelner Lebewesen aus. Die Beurteilung aller Lebewesen anhand eines „umfassenden Gleichheitsprinzip[s]“17 muss demnach explizit erfolgen. Das ist sein „Prinzip des moralischen Individualismus“.18
17Ebd. S. 304.
18Ebd. S. 304. 19Ebd. S. 305. Wenn ein Lebewesen dazu fähig ist, Wünsche zu besitzen, die seine Zukunft betreffen, können durch dessen Tötung Interessen verletzt werden; die Erfüllbarkeit der Wünsche ist nicht mehr gewährleistet. Um das Gedankenexperiment wieder aufzugreifen: Da es sich im „AT-Beispiel“ um ein selbstbewusstes Wesen handelt, das Wünsche und Interessen hinsichtlich der Zukunft haben kann,sind, wie Ach meint, „unsere Intuitionen bezüglich des AT-Beispiels argumentativ gerechtfertig“(Ach, S. 306). 20Ebd. S. 306. Für detaillierte Ausführungen der drei Klassen vgl. Ach S. 306 ff. 21Denkbar wären extrinsische Gründe, die die Freigabe für Forschungszwecke einschränken oder auch verhindern könnten. Ach führt als Beispiel die Forschung an Embryonen an. 22Ach, S. 307. Zum Prinzip des moralischen Individualismus vgl. Ach S. 303 ff.. 23Da bloß-empfindungsfähige Lebewesen nach der vorliegenden Konzeption nicht gequält werden dürfen und immerhin einen (schwachen) Anspruch darauf haben, nicht getötet zu werden, ist diese Klasse den selbstbewussten Lebewesen näher als den empfindungslosen Organismen. 24Ich halte den Begriff Handlungsspielraum an dieser Stelle für geeignet, obwohl Ach ihn hier nicht verwendet. Es scheint so, also ob sich die Klasse der bloß-empfindungsfähigen Lebewesen in einer Grauzone befindet. Ihnen kommt nach Ach nur ein (schwacher) Anspruch zu, nicht getötet zu werden, und die jeweilige Bereitschaft bzw. Nichtbereitschaft hinsichtlich des Umgangs solcher Lebewesen für menschliche Zwecke stellt den entscheidenden Aspekt dar. An dieser Stelle wird eine „Symmetrie-These“ (Ach, S. 308) entwickelt, die das Folgende besagt: „Wer bereit ist, empfindungsfähige Tiere als „lebende Ressource“ für menschliche Zwecke zu betrachten, muß ebenso dazu bereit sein, bestimmte menschliche Lebewesen als „Ressourcen“ für menschliche Zwecke zu betrachten. Das gilt für „Überbrückungsmaßnahmen“ (bridging) wie für die endgültige Übertragung in gleicher Weise“(Ach, S. 307 f.). Wachkomapatienten könnte man eventuell zu der Gruppe benannter menschlicher Lebewesen zählen, wobei die Meinungen, ob sich diese Menschen noch selbstbewusst sind, wohl unterschiedlich ausfallen werden und wohl auch individuell betrachtet werden müssen. Je nach dem, wie der Umgang mit Menschen aussieht, die den bloß-empfindungsfähigen Lebewesen in ihren Eigenschaften gleichen oder ähneln, wird wohl auch die moralische Hemmschwelle steigen oder sinken, solche Lebewesen für Forschungszwecke zu verwenden. 25Dabei müssen Kriterien gefunden werden, die argumentativ die Gründe aufzeigen, die als entscheidender Maßstab für eine Forschungsfreigabe gelten können. Ach kommt leider an dieser Stelle nicht explizit auf sein „XT-Beispiel“ zurück. Es ist offensichtlich, dass das Forschungsfeld der Xenotransplantation eng mit der kritischen Beurteilung von bloß-empfindungsfähigen Lebewesen verknüpft ist. Bei Affenarten und Delphinen wird der Aspekt der „zukunftsbezogenen“ Interessen evident. „…die „Klasse“ der rudimentär „selbstbewußten“ nicht-menschlichen Lebewesen dürfte allerdings wesentlich über die genannten Arten hinausgehen“. (Ach, S. 306). Wahrscheinlich zählt er das wenig wertvolle „Schweineexemplar“ aus dem „XT-Beispiel“ nicht zu beschriebener Klasse. Wahrscheinlich besteht aber auch nur ein genereller großer Forschungsnachholbedarf bei vielen Tierarten. |
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